Aus Alte Schule wird Alte Villa – Ein kooperatives Begegnungszentrum für Niendorf

Written by Fabian Waibel

On 26. August 2024

Mit der Errichtung der ersten Unterkunft für Geflüchtete im Stadtteil entstand eine große Bewegung in Niendorf, um die Neuangekommenen zu unterstützen. Erstmals im Mai 2014 lud die Evangelische Kirchengemeinde Niendorf zu einem übergreifenden Runden Tisch ein – Vereine, Initiativen, Parteien, Behörden, Kirchen und Geschäfte kamen, um mitzuwirken, zu begleiten und zu koordinieren. Die gemeinsame Arbeit war schnell erfolgreich und trug Früchte. 2017 dann der nächste Meilenstein: Mit starker Unterstützung des Bezirksamts Eimsbüttel konnte in der alten und baufälligen, aber dennoch funktionstüchtigen Anna-Warburg-Schule am Tibarg 34 das Begegnungszentrum Alte Schule entstehen. Wie gehabt: Niederschwellig, pragmatisch, partnerschaftlich und im erfolgreichen Zusammenspiel von Ehrenamt und Hauptamt.

In der Alten Schule haben wir eine gemeinsame Welt geschaffen, in der alle Menschen willkommen sind. Eine Welt ohne Platz für Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und diskriminierendem Verhalten. Dabei sind wir uns bewusst, dass auch wir nicht perfekt sind. Wir wollen gemeinsam und voneinander lernen und versuchen Vorurteile und ausgrenzendes Verhalten immer wieder zu überdenken und abzubauen. Der Schwerpunkt der Alten Schule liegt auf Begegnung und Kennenlernen. Denn wir sind überzeugt: Wo Menschen sich offen begegnen, sich gegenseitig zuhören und verstehen, wo sie miteinander gestalten und voneinander lernen – dort entsteht Verständnis, Mitgefühl und ein Zusammenleben unterschiedlicher Menschen auf Augenhöhe.

2019 hat die Alte Schule den Deutschen Nachbarschaftspreis auf Landesebene erhalten – eine tolle Auszeichnung für die über 100 Ehrenamtlichen, die in der und rund um die Alte Schule aktiv sind. Um den Erfolg und den starken gesellschaftliche Nutzen in die Zukunft zu tragen, musste jedoch ein grundlegendes und lange schwelendes Problem gelöst werden: Von Beginn an war klar, dass die alte Anna-Warburg-Schule nur temporär genutzt werden kann und aufgrund ihres Zustands zeitnah abgerissen werden muss. Nach einem Wasserrohrbruch im Dezember 2021 war zunächst unklar, ob, wann und in welcher Form wir wieder öffnen können. Umso klarer war: Wir brauchen schnellstmöglich ein neues Zuhause.

Die Suche nach einer neuen Heimat für die Alte Schule war einer der wesentlichen Motivationen zur Gründung des Vereins „Wir für Niendorf e.V.“ im Dezember 2019. Der Vorstand machte sich schnell an die Arbeit, um gemeinsam mit weiteren Aktiven Möglichkeiten für eine neue Alte Schule zu eruieren. Als sich abzeichnete, dass die Lippertsche Villa direkt gegenüber der Anna-Warburg-Schule frei wird, entstand die Vision eines gemeinschaftlichen Begegnungszentrums in diesem repräsentativen Gebäude. Aus der Vision wurde ein Konzept für ein Kooperatives Begegnungszentrum, und die lange Suche nach geeigneten Partnerorganisationen, sicherer Finanzierung und breiter Unterstützung aus Politik und Verwaltung begann. Sie sollte über 5 Jahre andauern und alles andere als linear verlaufen: Zwischendurch war die Lippertsche Villa schon fast an Dritte verkauft, Partnerorganisationen sind kurzfristig abgesprungen, ganz lange Zeit war überhaupt nicht klar, wie eine Anmietung erfolgen kann und welche Finanzierung notwendig und möglich ist. Der Eindruck entstand, dass eigentlich alle Beteiligten – auch Politik und Verwaltung – das Begegnungszentrum in der Lippertschen Villa wollten, aber nicht genau wussten, wie. Unsere Beharrlichkeit und Geschlossenheit kombiniert mit den wertvollen Aktivitäten und Erfolgen der Alten Schule haben sich letztlich ausgezahlt. Im Frühjahr 2024 kaufte die Stadt Hamburg über die stadteigene Sprinkenhof GmbH die Lippertsche Villa – zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde sollte Wir für Niendorf e.V. sein Konzept des Kooperativen Begegnungszentrums umsetzen. Aus Alter Schule kann nun endlich und wirklich die Alte Villa werden.

Alle Angebote der Alten Schule bleiben dabei erhalten: Im Erdgeschoss kommen das bekannte Café Mittenmang, Büro und Mehrzweckraum unter. Die Schneider*innenwerkstatt, die Deutsch-Kurse und ein neuer „Raum der Stille“ finden im ersten Obergeschoss Platz. In den oberen Stockwerken kommen neue Partnerorganisationen unter und bereichern mit ihrer Arbeit das Gesamtprogramm der Alten Villa! Dabei sind auch große Vereine mit einer langen Geschichte: Der Kinderschutzbund wird im Herbst einziehen, auch ProNieNo beziehen ihr Büro im ersten Obergeschoss. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit. Gemeinsam schaffen wir ein Begegnungszentrum für den ganzen Stadtteil!

Die Alte Villa ist preislich eine andere Liga als die Alte Schule – das sieht man dem Gebäude auch an. Entsprechend wäre ein Umzug niemals möglich geworden, ohne die starke Hilfe des Bezirksamts Eimsbüttel, der Bezirkspolitik, der Stadt Hamburg sowie der vielen Niendorfer*innen, die sich auf unseren Aufruf zur Raumpatenschaft gemeldet haben. Wir danken allen, die mit vielen kleinen Beiträgen Großes ermöglichen. Wer mithelfen möchte, die Arbeit in der Alten Villa langfristig abzusichern: Wir freuen uns über weitere Raumpat*innen, alle Infos dazu finden sich auf der Infoseite zur Raumpatenschaft.

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